Lechwehr

Digitaler Zwilling für die Stadt Landsberg

In Landsberg ist das Projekt „TwinCity3D“ gestartet. Ziel ist es, die Stadt- und Verkehrsplanung zu verbessern. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) fördert das Vorhaben mit fast 1 Million Euro.
Der digitale Zwilling – Digital Twin – einer Stadt ist ein Abbild von Gebäuden, Straßenzügen, Stadtteilen und der natürlichen Umgebung in einem digitalen 3D-Stadtmodell. Ein enormer Vorteil dieser Modelle ist die einfache und klar verständliche Darstellung komplexer Szenarien. 3D-Modelle helfen Städten, die Auswirkungen von klimabedingten Veränderungen und Stadtplanungen zu simulieren und zu analysieren. Die so gewonnenen Erkenntnisse sind ein wichtiges Planungsinstrument: Sie unterstützen bei Entscheidungen zur Stadt- und Verkehrsplanung und zur Erreichung von Umwelt- und Klimazielen.

Die Stadt Landsberg am Lech hat sich gemeinsam mit den drei Nachbargemeinden Apfeldorf, Unterdießen und Fuchstal unter Leitung der Verwaltungsgemeinschaft Fuchstal und 3D RealityMaps aus München beim BMDV um ein entsprechendes Förderprojekt beworben, das nun bewilligt wurde. Das BMDV fördert das Projekt „TwinCity3D“ im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND mit insgesamt 979.860 Euro. Der Projektanteil der Stadt Landsberg am Lech wird dabei mit 90 Prozent gefördert.
Federführend betreut Dr. Daniel Broschart vom Referat für Stadtplanung und Mobilität das Projekt: „Es wird über die kommenden drei Jahre durchgeführt. Dabei baut es auf dem erfolgreich abgeschlossenen Projekt ,ThermCity3D‘ auf, das bereits 2020/2021 von 3D RealityMaps und der Landsberger Firma Elektra Solar durchgeführt wurde, und entwickelt dessen Inhalte fort.“ Broschart erwartet weitreichende und neue Analysemöglichkeiten und betrachtet das Projekt als „innovatives Werkzeug für den Einsatz in den öffentlichen Beteiligungsverfahren“.

Ein Thema, das von Anfang an mit auf der Agenda steht, ist der Datenschutz. „Es wird zunächst ein Datenschutzkonzept erarbeitet, welches den speziellen Anforderungen an die Erstellung und den Betrieb der „TwinCity3D“-Plattform nachkommt“, erläutert Dr. Broschart weiter.

Worum geht es im Einzelnen? Um die Klimaziele bis 2030 erreichen zu können, spielt eine umweltverträgliche Mobilität eine große Rolle. Dies bringt einen erhöhten Informationsbedarf der Kommunen mit sich. Mit einer neuen Technologie können kostengünstig ultrahoch aufgelöste Luftbilddaten erhoben werden, die neue vielschichtige Informationen für eine nachhaltige Stadt-, Verkehrs- und Klimaplanung liefern.
„Zur Erhebung wird ein Ultraleichtflugzeug eingesetzt, das mit fünf Fotokameras, einer Multispektralkamera und einer Wärmebildkamera ausgestattet ist“, erläutert Prof. Dr. Florian Siegert von 3D RealityMaps das Vorgehen. Aus den Einzelaufnahmen wird ein virtuelles 3D-Stadtmodell erstellt. Um verschiedene Aspekte und zeitliche Veränderungen erfassen und analysieren zu können, wird das Stadtgebiet mehrfach und zu verschiedenen Jahreszeiten überflogen.
Aus den Luftaufnahmen können wichtige Fragen beantwortet werden. Es wird zum Beispiel möglich sein abzulesen, wie viel Fläche parkende Fahrzeuge (oberirdisch ruhender Verkehr) einnehmen. Diese Erkenntnisse sind für die Gestaltung des öffentlichen Straßenraumes von enormer Bedeutung.

Die detaillierte Analyse des Stadtklimas über mehrere Jahre im Zusammenspiel von Verkehr, Bebauung und Stadtgrün stellt eine präzise Datengrundlage dar, auf die die Stadtplaner zurückgreifen können. Siegert nennt weitere konkrete Beispiele, wie der Digitale Zwilling der Stadt eingesetzt werden kann: „Aus den Wärmebildaufnahmen, die im Winter gemacht werden, können Rückschlüsse auf die Isolierung von Dachflächen gezogen, Wärmeverluste identifiziert und mit gezielten Maßnahmen darauf eingewirkt werden.“

Ähnliches gilt für das Stadtgrün – auch hier führen Analyse und Monitoring im Wechsel der Jahreszeiten zu neuen Erkenntnissen in Hinsicht auf Stadtklima und CO2-Klimabilanz. Michael Siller, Leiter des städtischen Forstamtes, sieht in den neu gewonnenen Daten Potenzial zur Ableitung von Maßnahmen, mit denen das Stadtklima verbessert werden kann: „Wir sehen nicht nur, an welchen Stellen durch die Anpflanzung von Bäumen und Baumgruppen das Mikroklima verbessert und der kühlende Effekt durch Stadtgrün genutzt werden kann, sondern haben auch gleich die wissenschaftlichen Daten dazu. Solche Aufgabenstellungen können zukünftig wesentlich gezielter angegangen werden und lebenswerte Räume für die Landsberger Bürgerinnen und Bürger geschaffen werden.“

„Das realitätsnahe dreidimensionale Abbild des Landsberger Stadtgebietes wird aber noch weitere Einsatzmöglichkeiten bieten“, freut sich Dr. Broschart. „Im Rahmen des Förderprojektes werden Werkzeuge entwickelt, die es zukünftig möglich machen werden, Planungsszenarien und –alternativen als 3D-Modell in die virtuelle Umgebung einzusetzen. Durch das realitätsnahe virtuelle Umgebungsmodell wird gleichzeitig der Abstraktionsgrad herabgesetzt.“
Entscheidende Vorteile sieht hier auch Erwin Karg, Verwaltungsgemeinschaftsvorsitzender und Bürgermeister der Gemeinde Fuchstal: „Stadtentwicklung findet nicht nur in Städten statt. Gerade wenn es um Nachhaltigkeit, Klima- und Umweltschutz, aber auch den Erhalt des Orts- und Landschaftsbildes geht, zählen kleine Gemeinden mit ihren land- und forstwirtschaftlichen Flächen zu den wichtigsten Stellschrauben. Das 3D-Modell ermöglicht uns hier eine ganzheitliche Betrachtungsweise, die durch entsprechende Daten unterfüttert wird.“

Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl sieht das große Potenzial des Projekts: „Die zu entwickelnde TwinCity3D-Plattform bietet zukünftig die Möglichkeit, geplante Bauvorhaben hinsichtlich ihrer räumlichen Dimension und Wirkung auf das Umfeld besser beurteilen zu können, was auch bei Bürgerbeteiligungsprozessen nützlich sein kann, denn hier können schnell und kostengünstig anschauliche Simulationen erstellt werden. Und schließlich ist der Beitrag, der damit zum Klimaschutz geleistet werden wird, enorm. Ich bedanke mich für das Engagement von Dr. Daniel Broschart, der das Projekt mit viel Einsatz begleitet.“

Über den mFUND des BMDV: Im Rahmen der Innovationsinitiative mFUND fördert das BMDV seit 2016 datenbasierte Forschungs- und Entwicklungsprojekte für die digitale und vernetzte Mobilität 4.0. Die Projektförderung wird ergänzt durch eine aktive fachliche Vernetzung zwischen Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Forschung und durch die Bereitstellung von offenen Daten auf dem Portal mCLOUD. Weitere Informationen finden Sie unter www.mFUND.de.