Lechwehr

Regionale Wohnungsbaukonferenz zu Gast in Landsberg am Lech

Nach Veranstaltungen in München, Ebersberg, Rosenheim und Dachau hat jetzt das jährliche Treffen von Vertreter*innen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Gesellschaft, Verwaltung, Vereinen und Verbänden in Landsberg am Lech stattgefunden. Im Fokus standen vor allem die gesellschaftlichen Aspekte der Siedlungs- und Regionalentwicklung. Rund 200 Gäste sind der Einladung von Oberbürgermeister Dieter Reiter, der Landsberger Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl und des Landsberger Landrats Thomas Eichinger gefolgt. Über 100 Interessierte verfolgten die Veranstaltung via Live-Stream. Unter dem Motto „Heimat gestalten. Identität bauen. Tradition leben.“ diskutierten die Teilnehmer*innen über Herausforderungen und Lösungsansätze, wie die Metropolregion München den Menschen eine lebenswerte Heimat bleiben kann, die ihren Wurzeln treu bleibt, offen ist für Neues, behutsam mit ihren Ressourcen umgeht und in der die Menschen solidarisch und respektvoll miteinander leben können. Dass dies keine Themen sind, die nur die kommunale Ebene betreffen, sondern auch bundespolitisch wahrgenommen und bearbeitet werden, bestätigte Sören Bartol, Parlamentarischer Staatssekretär in Berlin, der der Veranstaltung in Vertretung der Bundesbauministerin live zugeschaltet war.

Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Es bedarf starker Partner*innen in Land und Bund, die unsere Bedürfnisse auf der kommunalen Ebene kennen und aufgreifen. Partner, die uns in die Lage versetzen, die großen Herausforderungen, vor denen wir alle stehen, zu bewältigen. Kurz zusammengefasst meine ich: einfacher, schneller, mehr. Das heißt, wir brauchen einfachere Regulatorik, schnellere Entscheidungsprozesse und mehr partnerschaftliches Miteinander zwischen Bund, Land und Kommunen.“
Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl nannte als Beispiel hier die Einschränkungen durch das Vergaberecht in Zeiten von Lieferschwierigkeiten und Materialknappheit: „Was nützt uns eine Ausschreibung, die zeitliche und personelle Ressourcen bindet in einem Markt, in dem wir froh sein können, überhaupt ein Angebot zu erhalten? Wir brauchen deutlich mehr Flexibilität, um beispielsweise preisgünstigen, neuen Wohnraum anbieten zu können.“

In drei von BR-Moderator Tillmann Schöberl moderierten Fachsessions richteten regionale Akteur*innen ihre drängendsten Fragen an die versammelten Expert*innen, um diese Fragestellungen in drei Workshops am Nachmittag gemeinsam zu bearbeiten. Nach einem Input von Martin Birgel (Dragomir Stadtplanung GmbH) zur Konversion des Fliegerhorsts Penzing als Chance für eine innovative Quartiersentwicklung gingen Penzings Bürgermeister Peter Hammer und Erdings Oberbürgermeister Max Gotz unter dem Titel „Neue Orte schaffen. Siedlungs- und Quartiersentwicklung mit Innovation“ der Frage nach, welche Lösungsansätze es zum Umgang mit aktuellen Herausforderungen der Siedlungs- und Quartiersentwicklung am Beispiel großer unbebauter Flächen gibt. Die Landsberger Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl und die Münchner Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk beschäftigten in ihrer Session „Orte nachqualifizieren. Alt und neu zusammengebracht“ die Frage, was im Alltag Brücken zwischen Alt und neu bauen kann. Egal ob im neuen Landsberger Stadtquartier am Papierbach oder im Münchner Sanierungsgebiet Neuperlach, die Herausforderungen sind die gleichen.

Alt- und Neubürger im ländlichen Raum zusammenzuführen und bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, ist dabei eine große kommunalpolitische Herausforderung.
In der dritten Fachsession beschäftigten sich Landrat Thomas Eichinger und Kranzbergs Bürgermeister Hermann Hammerl mit der Situation, dass Gemeinden sich im Wettbewerb um dringend benötigte Fachkräfte attraktiv aufstellen müssen. Sie sollen Fachkräfte anlocken, ihnen Raum und Perspektiven bieten. Gleichzeitig befürchten viele den Verlust von Tradition und gewachsenen Strukturen. Welche Lösungsansätze sich hierfür finden lassen, stand im Mittelpunkt der Runde mit dem Titel „Gemeinwesen sichern. Fachkräften Perspektiven bieten“. Eine zentrale Erkenntnis des Vormittags: Pragmatisch an Umsetzungen rangehen und Gestaltungs- und Ermessensspielräume ausnutzen.
Die Teilnehmer*innen konnten sich im Rahmen der konferenzbegleitenden Ausstellung zum neu geschaffenen Stadtquartier des ehemaligen Areals „Am Papierbach“ der Stadt Landsberg und zu zahlreichen Beispielen aus der Ausstellung der aktuellen IBA Wien „Wie wohnen wir morgen?“ ein Bild machen, wie den Herausforderungen soziales Wohnen, Klimagerechtigkeit und Mobilität im Quartier begegnet wird.

Unter fachlicher Begleitung des Moderatorinnen-Teams von Agorakomm aus Dießen am Ammersee arbeiteten die Gäste in den darauffolgenden Workshops intensiv an der Beantwortung der gestellten Leitfragen. Gefragt nach den Ergebnissen der Workshops zeigten sich die Referent*innen zufrieden. „Für das Sanierungsgebiet Neuperlach, das wir nun auch mit Mitteln des New European Bauhaus angehen können, bieten die Ergebnisse wichtigen Input. Durch die Nachqualifizierung von Quartieren und Vierteln können neue Impulse in die Stadt eingebracht werden und dabei das Bestehende vom Neuen profitieren“, so Stadtbaurätin Professorin Dr. (Univ. Florenz) Elisabeth Merk. Landsberger Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl: „Die Regionale Wohnungsbaukonferenz haben wir als Chance genutzt, um die Fragen und Themen, die uns in Landsberg am Lech umtreiben, konkret zu beleuchten: Wie bringen wir alt und neu zusammen? Wie schaffen wir eine Verbindung zwischen einer historischen Altstadt und modernen Wohnformen in neuen Quartieren? Dabei wurde deutlich, dass viele andere Gemeinden in der Region vor ähnlichen Fragestellungen stehen. Wir haben es geschafft, gemeinsam Lösungsideen zu erarbeiten, die wir nun in unsere Arbeit vor Ort einfließen lassen können.“

Auch Landrat Thomas Eichinger blickt positiv auf die Ergebnisse: „Mein Wunsch für die diesjährige Konferenz war es, einen kritischen und kontroversen Blick auf die vorliegenden Problemstellungen zu richten. Wir konnten heute die Zielkonflikte, die mit dem Thema Fachkräftemangel einhergehen, konkret benennen, ehrlich und offen diskutieren und haben somit auch Mut bewiesen. Für mich wurde wieder deutlich, dass der kommunikative Weg hier die richtige Wahl ist, auch wenn man sich diesen hart erarbeiten muss.“
Mit Blick auf die an mehreren Stellen der Konferenz geäußerten Forderungen an Bund und Land ermutigte Moderator Tilman Schöberl die Gäste, die Dinge wo möglich selbst in die Hand zu nehmen. Dort, wo dem Grenzen gesetzt sind, müssten Bund und Land aber dringend mit ins Boot. Die Teilnehmer*innen lobten auch das Landsberger Stadttheater als Veranstaltungsort. Zum Schluss der Veranstaltung übergab Oberbürgermeisterin Doris Baumgartl einen symbolischen Staffelstab an Erdings Oberbürgermeister Max Gotz, der die Regionale Wohnungsbaukonferenz am 12. Oktober 2023 zu Gast in Erding begrüßen wird.